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Mangel an qualifiziertem Fahrpersonal gefährdet die Verkehrswende und führt zu Versorgungsengpässen
von VDV Rheinland e.V. - D. Strauf
Delegation des Verbandes MOLO (Mobilität und Logistik Rheinland-Pfalz e.V.) führt wichtige Gespräche mit Staatsminister Alexander Schweizer MASTD und Staatssekretär Andy Becht MWVLW
So lässt der Mangel an LKW-Fahrerinnen und Fahrern Versorgungsengpässe erwarten. Denn derzeit fehlen etwa 70.000 Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer. Da pro Jahr ca. 30.000 Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer altersbedingt ausscheiden, jedoch nur ca. 15.000 den Beruf neu ergreifen, verschärft sich allein durch diese Differenz der Fahrermangel jährlich um etwa 15.000 fehlende Lkw-Fahrerinnen und Lkw-Fahrer, wie der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e.V. (BGL) unlängst veröffentlichte. Zu wenig Nachwuchskräfte folgen auf altersbedingte Abgänge.
Diese Schieflage zeigt sich auch bei den Busfahrerinnen und Busfahrern. Laut einer aktuellen Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmen e.V. (bdo) vom Januar 2023 fehlen heute bereits 7.768 Busfahrerinnen und Busfahrer. Aufgrund der zunehmenden altersbedingten Personalabgänge und der geplanten Verkehrswende wird dieser Bedarf bis zum Jahr 2030 auf über 87.000 Busfahrerinnen und Busfahrer steigen.
Der Mobilitäts- und Logistikverband MOLO hat in einer aktuellen Befragung ermittelt, dass in Rheinland-Pfalz zwischen 2.500 und 3.000 Fahrerinnen und Fahrer im Bus- und LKW-Bereich fehlen. Ca. 1100 gehen jährlich in den Ruhestand, abzüglich der Neueinsteiger fehlen zusätzlich jährlich 600-700 LKW- und Busfahrerinnen und Fahrer.
„Der ÖPNV in Rheinland-Pfalz ist bereits in seiner jetzigen Struktur realistischerweise kaum noch zu bedienen, von einem weiteren Ausbau ganz zu schweigen“, so Bernhard Dürk, Bereichsleiter Mobilität bei MOLO und mittelständischer Omnibusunternehmer aus Frankenthal. MOLO-Geschäftsführer Guido Borning betont: „Angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen signalisieren uns immer mehr Unternehmen, in naher Zukunft aufhören zu wollen. Neben den unkalkulierbaren Energiekosten belastet die Unternehmen die sich immer mehr zuspitzende Problematik der Gewinnung von geeignetem Fachpersonal, insbesondere von Kraftfahrern am meisten.“
Sein Geschäftsführer Kollege Heiko Nagel ergänzt: „Angesichts dieser alarmierenden Situation wurden durch unsere Bundesverbände schon vor Monaten Kampagnen zur Fahrpersonalgewinnung in Deutschland gestartet. Die Verkehrsverbände in Rheinland- Pfalz bemühen sich ebenfalls seit Jahren aktiv darum, die Attraktivität des Berufsbildes des Berufskraftfahrers zu erhöhen.“ So wurde beispielsweise in der letzten Legislaturperiode unter Federführung des damaligen Ministers für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Herrn Staatsminister Dr. Wissing ein runder Tisch „Fahrpersonalgewinnung“ ins Leben gerufen. Leider wurde dieses Projekt aufgehoben, bedauern Borning und Nagel.
Um dem massiven Fahrpersonalengpass entgegenzuwirken, bedarf es aber weitergehender Maßnahmen, so die Delegierten gegenüber den Politikern. Der Logistikunternehmer und Verbandsvorstand Wolfgang Groß-Elsen aus Wittlich warnt davor, dass sich ohne zügige Reformen der Berufskraftfahrermangel in der Güterkraftverkehrs-, Logistik und Busbranche weiter gravierend verschärfen und noch deutlichere Auswirkungen auf Wirtschaft, Versorgung und Mobilität entfalten wird. Seine Vorstandskollegen Roland Modschiedler, Spediteur und Logistiker aus Bobenheim- Roxheim und Andreas Bachstädter Transport-Spediteur aus Neuhofen ergänzen: „Vor diesem Hintergrund ist eine grundlegende Reform des BKF-Qualifikations- und Fahrerlaubnisrechts unumgänglich, ohne das allgemeine Qualifikationsniveau abzusenken. Eine Hauptursache des enormen Fahrpersonalmangels und der unzureichenden Gewinnung neuer Fahrerinnen und Fahrer liegt in der komplizierten Umsetzung der europäischen Berufskraftfahrer-Richtlinie, die in Deutschland noch getrennt von der Fahrausbildung unterrichtet und geprüft werden muss.“
Durch eine Integration der Berufskraftfahrerqualifikation in die Fahrausbildung als „2-in- 1"- Modell wäre die Ausbildung weniger zeitaufwändig und deutlich günstiger, aber die Qualität bliebe erhalten. Zudem müssen jetzt zügig die Bürokratiehürden und Sprachbarrieren abgebaut werden, sowie der Wohnortsbezug wegfallen, so die Unternehmer.
Die Verbandsvertreter sind sich mit den politischen Akteuren einige: Es gibt nicht den Königsweg, der den quantitativen und qualitativen Bedarf an Fahrpersonal ad hoc auffängt. Aber ohne zügige Reformen und eines gemeinschaftlichen Engagements wird sich der Berufskraftfahrermangel gravierend verschärfen. Beide Politiker betonten ausdrücklich, dass sie sich dafür einsetzten, dass das Land Rheinland-Pfalz die Verkehrsbranche bei der zügigen Umsetzung umfassender und unverzichtbarer Reformen unterstützt.
Die Idee der MOLO Vertreter, dass sich hierzu die kurzfristige Einberufung eines ressortübergreifenden runden Tisches anbieten würde, um die unterschiedlichen Facetten ausgewogen herausarbeiten zu können, wurde positiv aufgenommen.
„Der direkte Draht zwischen der Mobilitäts- bzw. Logistikbranche und Politik war in den zurückliegenden Jahren geübte Praxis. Gerne würden wir an dieses vertrauensvolle Miteinander anknüpfen und nach gemeinsamen Lösungen suchen, wie wir es schaffen, wieder mehr Menschen für den Beruf des LKW- und Busfahrers/-fahrerin zu begeistern“, so Staatssekretär Andy Becht.
MOLO – Mobilität & Logistik Rheinland-Pfalz e.V. ist der Dachverband der rheinland-pfälzischen Verkehrs-, Transport- und Logistikbranche. Der Dachverband bündelt die Interessen der beiden Mitgliederverbände VDV Rheinland e.V. und VVRP Rheinhessen-Pfalz e.V., die wiederum ca. 1400 Unternehmen aus den Bereichen Güterkraftverkehr, Möbeltransport, Kraftomnibusverkehr und Taxi- Mietwagenverkehr vertreten.